Was bringt eine Frau dazu, zu töten – die Geliebte des Gatten, deren Vater und die eigenen Kinder? Dieser Frage, die im Medea-Mythos verhandelt wird, hat sich der Theater-Kurs des 11. Jahrgangs des Heinrich-Heine-Gymnasiums in seiner Neuinterpretation des klassischen Stückes gewidmet.
In der Inszenierung des Theaterkurses von Mirko Thamm ist Medea eine moderne, emanzipierte Frau, (doppelt besetzt und verkörpert von Anneke Horstkotte und Marlene Sievers), die Entscheidungen abwägen muss, der Engelchen und Teufelchen als Berater des Gewissens gleichermaßen zusetzen, und die sich, in großer Verzweiflung, schließlich auf die Seite der Teufel ziehen und zu grausamen Taten hinreißen lässt.
Die spielenden Schülerinnen und Schüler bereiten in der Anfangsszene das Ende des Stückes vor: Der Boden ist mit Zeitungen bedeckt, die Schauspieler heben sie auf und legen sie zu fünf Haufen – dazu wird aus dem Off die Vorgeschichte der auf der Bühne dargestellten Handlung erzählt: Medea ist mit Jason nach Korinth geflohen, nachdem sie gemeinsam das goldene Vließ gestohlen haben.
Dann setzt die Handlung des Stückes ein: Jason hat sich von Medea abgewandt, ist der Tochter des Königs Kreon verfallen. Medea ist verzweifelt, Jason erbarmungslos: „Heul leiser!“
Es wird geflucht und gezetert, das obige Zitat bleibt nicht die einzige Referenz an zeitgenössische Texte. Medea gibt sich schließlich teuflischen Einflüsterungen folgend, dem Schmieden von Racheplänen hin. Sie ermordet heimtückisch mit einem vergifteten Geschenk Kreons Tochter, dann Kreon, ihre eigenen beiden Söhne – in der HEINE-Fassung Töchter. Zentraler Konflikt ist hier das Zerbrechen einer Familie, Streit um das Kindeswohl. Medea ist überzeugt davon, dass es für die Kinder besser sei, zu sterben als in diesen zerrütteten Familienverhältnissen aufzuwachsen. Vier der fünf Stapel Zeitungen auf der Bühne sind umgefallen, nur einer bleibt - der geliebt-gehasste Jason wird weggestoßen und bleibt am Leben – „Der Tod ist zu gut für dich!“
In vier unterschiedlichen Gruppen haben die Schülerinnen das Stück umgesetzt: Technik, Bühnenbild / Kostüme, Text und Inszenierung. Ziel Mirko Thamms war die selbständige Gestaltung und Interpretation des Stückes durch die Oberstufenschüler. Das Ergebnis beeindruckte durch Ideenvielfalt und Originalität.