Ein Interview ist ein Gespräch – dieser Ansicht war ich, als ich auf dem Weg zum Kreatives-Schreiben-Workshop mit dem Thema „Radiointerview“ war. Wie ich im Laufe des Workshops lernte, lag ich nicht ganz richtig, aber auch nicht total falsch.
Zu Beginn erfuhren wir, dass wir ein Interview in Form eines Radiobeitrages führen würden, was bedeutete, dass wir eher wenig kreativ schreiben und mehr kreativ reden würden.
Um uns ein bisschen mit dem Thema Interview vertraut zu machen, lasen wir uns verschiedene Zeitungsinterviews durch und stellten fest, dass es viele freundschaftlich-nette gab, aber auch viele, bei denen man die Konflikte regelrecht hören konnte. Anhand dieser Interviews erstellten wir eine Liste mit zu beachtenden Dingen, auf der am Ende unseres ersten Treffens Punkte standen wie aktives Zuhören, Interesse zeigen, Freundlichkeit und Höflichkeit und eine distanzierte Nähe, das heißt eine angemessene Vertrautheit herzustellen.
Am nächsten Tag bildeten wir Zweiergruppen und entschieden uns für einen Interviewpartner, welcher in unserem Fall Ulrich Ladurner, ein Kriegsjournalist bei der ZEIT war.
Da bei einem Interview ein gewisser Grad an Vorwissen erforderlich ist, haben wir uns zuerst im Allgemeinen über Ulrich Ladurner informiert und etwas über seine Herkunft, wie er zum Kriegsjournalisten wurde und die von ihm geschriebenen Bücher herausgefunden. Dann haben wir uns gemeinsam mit diesen neugewonnenen Informationen Fragen überlegt und sortiert und hatten am Ende einen roten Faden des Themas „Krieg“, da wir uns gedacht haben, dass es spannend ist über dieses zurzeit sehr präsente Thema mit jemandem zu reden, der Krieg mehrere Male hautnah erlebt hat.
Ein Interview beginnt nicht sofort mit dem Fragen stellen. Es beginnt mit einem Vorgespräch, in dem man sich warm redet und eine distanzierte Nähe aufbaut, die für ein gelungenes Interview vorhanden sein muss. In diesem Vorgespräch redeten wir über das Wetter und über unseren Workshop.
Dann begannen wir das eigentliche Interview und obwohl es die ersten fünf Minuten etwas holprig war, hat es sich danach angefühlt wie ein ganz normales Gespräch.
Wir haben Ulrich Ladurner zum Beispiel die Frage gestellt, ob wir in Deutschland bei unserem Lebensstandard eigentlich unglücklich sein können, wenn es in anderen Ländern Menschen gibt, die viel Schlimmeres erleben. Seine Antwort war, dass das Glücklichsein relativ ist und das Glück an den verschiedenen Orten der Welt komplett anders definiert wird. Natürlich können wir unglücklich sein. Genauso ist das mit unseren Problemen. Als Beispiel nannte er die Autobahnmaut: Er kommt aus einem Kriegsgebiet wieder nach Hamburg und hier wird über dieses für ihn scheinbar unsinnige Thema diskutiert, aber das sind die Probleme von Deutschland und die sollten, nur weil es Menschen mit größeren Problemen gibt, nicht vernachlässigt werden.
Obwohl ich zwischendurch immer wieder dachte, dass unsere Fragen etwas zu philosophisch waren, hätten wir mit anderen Fragen vielleicht nicht diese meiner Meinung nach wirklich beeindruckenden Antworten bekommen.
Aber ein Interviewer sollte nicht nur seine Fragen abarbeiten sondern auch auf Antworten eingehen und Fragen stellen, die auf das Gesagte des Interviewten bezogen sind. Bis fast zum Ende des Interviews sind mir keine solche Fragen eingefallen, doch als er sagte, dass er die beiden Welten Privatleben und Arbeitsleben voneinander trennt, habe ich ihn gefragt, ob es sich jetzt, wo so viele Flüchtlinge nach Europa und Deutschland kommen, anfühlt, als würden die beiden Welten zu einer werden. Diese Frage hat mir Mut gegeben mehr auf seine Antworten einzugehen und das hat auch ziemlich gut geklappt. Bis zum Ende unseres Interviews sind mir immer wieder neue Fragen eingefallen und nach einem etwas holprigen Beginn hatte ich am Ende sehr viel Spaß am Interviewen.
Ich habe gelernt, dass ein Interview ein Gespräch ist, bei dem Recherche und Arbeit notwendig sind. Mir hat diese Verknüpfung sehr gefallen und ich freue mich schon auf die nächste Möglichkeit ein Interview zu führen.